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Wanderexerzitien – was ist das? Zum wiederholten Mal traf sich eine naturbegeisterte Gruppe aus der Pfarreiengemeinschaft Christus Salvator, um unter Leitung von Pastoralreferent Holger  Oberle–Wiesli in sich, aber auch aus sich heraus zu gehen. In Holgers früherer Wirkungsstätte Ried im schönen Oberinntal waren wir im Haus Tirol in sehr ansprechenden Ferienwohnungen untergebracht, da die Pilgeroase im dortigen Kapuzinerkloster zur Zeit mit 7 ukrainischen Frauen belegt ist.

Holger hatte Texte mit Tiefgang ausgesucht, die beim täglichen Morgenimpuls in der ehemaligen Kirche des 2003 aufgelassen Kapuzinerklosters vorgetragen wurden. Zusammen mit gemeinsam gesungenen Liedern waren würdige Einstiege in den Tag: Navid Kermanis Gotteserfahrung in der Unendlichkeit des Universums, Bischof Reinhold Stechers Texte zum unscheinbaren Pflänzchen, Gletscherhahnenfuß, das in unwirtlicher Natur ausharrt und in wenigen wärmenden Sonnenstrahlen immer wieder aufblüht und vieles andere mehr.

Die Wanderungen bei meist bestem Wetter waren extrem unterschiedlich. der Montag führte uns ins Kaunertal auf uralten Wallfahrtswegen zum berühmten Tiroler Wallfahrtskirchlein Kaltenbrunn, wo die Menschen über Jahrhunderte hinweg, Trost, Hilfe und Hoffnung suchten.

Am Dienstag fuhren wir ins benachbarte schweizer Engadin. Dort lernten wir die Urgewalten der Natur bei Scharl kennen: die Spuren jüngster Murenabgänge hatten etwas Bedrohliches und führten uns die Winzigkeit des Menschen plastisch vor Augen, ebenso wie die Auswirkungen von Starkniederschlägen, die aus einem Bach ein breites Flussbett haben entstehen lassen, geprägt von kilometerlangen Schotterablagerungen. Am Talende lauschten wir dem Röhren der Hirsche und bewunderten den Flug eines Bartgeiers.

Der Mittwoch brachte uns ins Pillermoor– eine entspannte Wanderung über Holzstege in Moorlandschaft. Ein prähistorischer Opferplatz, wo über 2000 Jahre hinweg von der Bronzezeit bis in die Römerzeit Menschen ihren Göttern opferten, zog danach die Aufmerksamkeit auf sich. Die sensationellen Opfergaben aus Bronze konnte man im nahen Heimatmuseum Fließ betrachten, wo wir auch die Barockwallfahrtskirche Sankt Barbara besuchten.

Am Donnerstag stand das Wasser als Quelle des Lebens im Mittelpunkt der Betrachtung. Wo könnte die Erfahrung besser gemacht werden, als an den Trockenhängen Südtirols, wo Wasser seit Jahrhunderten aus Bächen und Gletschern abgezweigt und über offene Wassergräben, die so genannten Waale, kilometerlang herbei geleitet und zur Bewässerung verwendet wird? Auf solchen Waalwegen wanderten wir – immer am lebensspendenden Wasser entlang. Auf dem Rückweg besuchten wir noch das uralte karolingische Benediktinerkloster Münstair in der Schweiz sowie das mittelalterliche Städtchen Glurns in Südtirol.

Der Freitag führte uns noch mal ins Kaunertal, hinauf zu einem künstlichen Tunnel, 1950 gebaut, durch den ebenfalls Wasser zur Bewässerung eines Südhangs herangeschafft wurde. Wir durchquerten den fast 1000 m langen Tunnel, durch tiefstes Dunkel wieder hinaus ins Licht einer atemberaubenden Natur, Wasserläufe, Wiesen, Almen, Gletschereis am Horizont.

Die ereignisreichen Tage mit vielen religiösen Impulsen, die Holger immer wieder einstreute, beschlossen wir mit Einkehr in die Tiroler Gastronomie, die uns nie enttäuscht. Gute Gespräche und Diskussionen über Gott und die Welt in unserem Haus Tirol bis tief in die Nacht rundeten die erlebenswerten und besinnlichen Tage ab. Eine Woche Balsam für die Seele – Gott sei Dank – und Holger!

Joachim Oberle

 

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