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Im Jahr 1223 geschah in dem kleinen Örtchen Greccio (sprich: Gretscho) in der Nähe von Assisi in Italien an Weihnachten etwas ganz besonderes. Da eilten die Menschen hinaus und hinauf in eine kleine Höhle am Ende ihres Dorfes. Denn Franziskus und seine Brüder hatten zum Weihnachtsfest dorthin eingeladen. Sie kamen mit Fackeln, Kerzen und Musikinstrumenten, wie Franziskus es ihnen aufgetragen hat.

Und was fanden sie dort: eine Futterkrippe, gefüllt mit Heu, einen Ochsen und einen Esel und den heiligen Mann andächtig dort knien.

Nichts sonst. Franziskus wollte ihnen zeigen, dass dieses Kind in der Krippe, dieser Mensch gewordene Gottessohn einer von ihnen und mitten unter ihnen zur Welt gekommen ist. Er wollte ihnen zeigen, was es bedeutet, wenn es im Evangelium heißt „das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Er ist also nicht „vom Himmel gefallen“, sondern wie jede und jeder von uns als Mensch geboren worden. Er ist nicht in einem Palast zur Welt gekommen, sondern in einem Unterstand – so wie sie sich jetzt versammelt haben in einer Höhle, die sonst von Hirten benutzt wurde.

Genau 800 Jahre ist diese Krippenfeier nun her und immer noch fasziniert uns das Ereignis der Heiligen Nacht und wir stellen in unseren Kirchen, Häusern, Wohnungen und auf Plätzen Krippendarstellungen auf.

Ich möchte noch eine andere Begebenheit dazulegen, die sich vor einigen Jahren in einem Bauernhaus im Bregenzerwald zugetragen hat. Erzählt und erlebt  hat diese Begebenheit der verstorbene Innsbrucker Bischof Reinhold. 

Er war zur Weihnachtszeit in einem der wunderschönen Bauernhäuser im Bregenzerwald eingeladen. In der heimeligen Stube war neben dem Christbaum auch eine große Krippe aufgestellt. Alles atmet festliche Feierlichkeit. In dem Haus lebte auch ein behäbiger Kater, der die Wärme liebte und immer auf der Suche nach exquisiten Ruheplätzen war, wie es Kater so an sich haben. Es gelang ihm in der Nacht in die Stube zu schleichen, die an sich nicht als sein Nachtquartier vorgesehen war. Auf der Suche nach einem besonders angenehmen Schlafplatz stieß er auf den Stall von Betlehem. Kurzerhand räumte er die Heilige Familie, einen danebenstehenden Engel, sowie Ochs und Esel hinaus und rollte sich an heiliger Städte wohlig zusammen. Als man am Morgen in die Stube kam, blinzelte aus dem Hirtenstall der faule Kater, und über ihm hielten mit verzücktem Gesicht das Band „Ehre sei Gott in der Höhe“. Sie hatten nämlich die wesentliche Veränderung noch gar nicht mitbekommen.

Ich denke diese Geschichte, die so ein wenig lustig herüber kommt, lädt uns zum Verweilen ein. Wir feiern Weihnachten, die Heilige Nacht. Wir kommen zusammen um uns die Weihnachtsbotschaft - dass Christus unser Bruder geworden ist, dass Gott Mensch wird, weil er Sehnsucht nach uns hat, wieder neu sagen zu lassen. Wir singen Lieder vom Frieden. Vieles rührt unser Herz an.

Aber wir feiern Weihnachten 2023 auch in einer schwierigen, zerrissenen Zeit und in einer friedlosen Welt. Wenn wir in unseren Tagen im Persönlichen wie auch im Weltpolitischen, soviel Dunkelheit und Finsternis erleben und aushalten müssen, dann kann uns die Lust auf Feiern vergehen, die Lieder gehen uns schwerer über die Lippen und die Sorgen vor und für die Zukunft sind groß und erdrückend.

Die Welt hat es schwer im Moment und wir Menschen machen diese unsere Zeit nicht leichter. In unserer Zeit schleichen und nisten sich heimlich viele fette Kater ein, die das Heilige ausräumen und sich dann breit in die Mitte legen.

  • da ist jetzt in der Advents- und Weihnachtszeit der Kater, der sich nur um die Fassade kümmert, dabei aber die eigentliche Botschaft vergisst
  • da ist der Kater des Hasses und der Streitsucht, der sich breit macht in   Kriegen und Konflikten dieser Erde, aber auch in den Familienstreitigkeiten   und des Zusammenlebens
  • da ist der Kater des Machthungers der Mächtigen und Despoten, für die ein Menschenleben nichts zählt und die die Welt mit tausendenfachem Tod   überziehen
  • da ist der Kater des Egoismus und des nur an sich Denkens, des immer mehr haben Wollens, oftmals auf Kosten anderer
  • da ist der Kater der alles jetzt, gleich und sofort haben möchte ohne die Folgen für die Zukunft im Blick zu haben
  • da ist der Kater der Müdigkeit und der Resignation in unserem Zusammenleben, in unseren Vereinen, im Mitgestalten des öffentlichen und kirchliche Lebens
  • da ist der Kater der Depression und der Müdigkeit 
  • da ist der Kater des ständigen Motzens und Kritisierens
  • da ist der Kater des rauhen Tons, der Unfreundlichkeit und der Falschinformation gerade auch in unserer Politik
  • da ist auch der Kater der Bequemlichkeit, der es scheut einmal über die Grenzen zu gehen und über sich hinaus zu wachsen, der Kater des Abhängens um es in der Jugendsprache zu sagen
  • der Kater auch der religiösen Oberflächlichkeit, der zwar bei der Kritik schnell dabei ist, im geistigen Leben aber auf der Grundschulstufe stehen geblieben ist
  • da ist der Kater, der keine Visionen und Hoffnungen mehr in sich trägt
  • da ist der Kater der sich nur am Diesseits freut

Ich könnte sicherlich noch mehrere Kater nennen, möchte es aber dabei belassen. Es nun einmal so, dass sich zunehmend Kater breit machen, die das Heilige und Göttliche aus der Mitte vertreiben, so wie die heilige Familie in unserer Krippe des Bregenzer Bauernhauses.

Aber was ist die Mitte? Es ist die Botschaft des göttlichen Kindes, dass da ein ganz anderes Leben möglich und für uns von Gott her vorgesehen ist. Es ist die Botschaft, dass Jesus, der an Weihnachten unser Bruder geworden ist, diese Botschaft durch sein Leben bezeugt hat.

Das ein Leben in Frieden möglich ist und wir immer wieder den Mut zur Versöhnung brauchen.
Die Solidarität und die Nächstenliebe und der Blick für die Nöte des anderen.
Der Traum und die Vision von einer besseren und gerechteren Welt.
Die Hoffnung gegen alle Hoffnungslosigkeit.
Die Achtung und Bewahrung der Schöpfung und die Achtung vor dem Leben.
Die Mitgestaltung der Zukunft auch für die nachfolgenden Generationen.
Das Bemühen, unser Wissen für das Leben auf dieser Welt einzusetzen und nicht dafür wie wir den anderen vernichten können.
Die Weisheit, die nach dem Sinn des Lebens fragt.
Das Mitgefühl und die Empathie, die uns umtreibt.
Die Freundlichkeit die sich ausdrückt in einen Lachen und einem guten Wort.
Das unerschütterliche Vertrauen, dass Gott da ist und mit geht.
Die Dankbarkeit, das Staunen und Verweilen vor dem Heiligen.

Weihnachten 2023. Das bedeutet nicht, die Botschaft nach den Weihnachts-feiertagen wieder weg zu räumen und auf den Dachboden zu stellen. Weihnachten 2023 bedeutet für uns den Katern, die sich immer wieder auf vielfältige Art und Weise ausbreiten, es sich gemütlich machen und das Heilige verdrängen, aufzuspüren, ihnen Einhalt zu gebieten, in die Schranken zu Weisen.

Dafür wünsche ich uns allen den Mut und die Kraft. Es ist an der Zeit.

Uns allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und alle Katzenfreunde, bitte ich heute ein wenig um Nachsicht.

Holger Oberle-Wiesli

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