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Vom 19.-21. Januar 2024 trafen sich Mitglieder aus dem gemeinsamen Pfarrgemeinderat, den Gemeindeteams und den Kirchenverwaltungen zu einem gemeinsamen Wochenende im ehemaligen Kloster in Höchst, das als Bildungseinrichtung der evangelischen Kirche Hessen- Nassau betrieben wird.

Das Vorbereitungsteam hatte das Wochenende unter das Thema „Alles beginnt mit der Sehnsucht“ gestellt. So hatte man sich am Freitagabend in einer Art Speed-Dating Runde mit Fragen wie „Woran denkst du, wenn du das Wort Sehnsucht hörst?“, „Welches ist für dich ein Sehnsuchtsort?“, „Verspürst du religiöse Sehnsucht?“ dem Thema erst einmal angenähert.

Am Samstag begann nach dem Morgengebet im stilvollen Raum der Stille und einem guten Frühstück die erste Arbeitseinheit. Ganz im Gegensatz zu dem gewählten Thema hatte die Kirchenmitgliedschaftsstudie (KMU), welche die evangelische Kirche seit 1972 alle zehn Jahre in Auftrag gibt, und der sich in 2022 erstmals die katholische Deutsche Bischofskonferenz angeschlossen hat, im Herbst 2023 ernüchternde Ergebnisse gebracht: Die Deutschen sind immer weniger religiös. Für 8 von 10 aller Befragten hat Religion keine oder nur wenig Bedeutung. Der lange Zeit verbreitete Slogan „Glaube ja – Kirche nein“ scheint sich in die Richtung „Glaube nein – Kirche erst recht nicht“ zu entwickeln. Aber 78% der Konfessionslosen und 92% der Katholiken wünschen sich, dass Kirche soziale Beratung anbietet. Wird „Kirche“ mit ihrem Menschenbild also doch noch in der Gesellschaft gebraucht? Die Studie umfasst verschiedene Themenfelder u.a. Religiosität, Vertrauen, Reformerwartungen, Gottesdienst. Im Plenum beantworteten die Teilnehmenden in einer Art „Quiz“ spontan ausgewählte Fragen aus der Studie, um die Antworten dann ausführlich in Kleingruppen zu diskutieren. Letztlich stellte sich dann die Frage, welche Konsequenzen diese Studie für die Arbeit in unseren Pfarreien vor Ort hat. Welche „Orientierungstypen“ kann man noch erreichen? Welche Angebote sprechen die Menschen an und erreichen sie in ihren Lebensfragen? Von welchen „Formaten“ muss man sich verabschieden? Welche Traditionen gilt es zu bewahren? Ein sehr erfreuliches Ergebnis hat die Studie allerdings ergeben: Viele kirchennahe Gläubige engagieren sich besonders stark für die Gesellschaft.

Um die Köpfe nach den Diskussionen abzukühlen, begaben wir uns am frühen Nachmittag bei strahlendem Winterwetter auf den Vater unser Besinnungsweg, der direkt am Kloster beginnt und in den nahegelegenen Wald rund um das Kloster führt. Am Spätnachmittag feierten wir gemeinsam Gottesdienst, in dessen Mitte die Berufung der ersten Jünger stand. Der Ruf Jesu „Denkt um!“, „ Das Reich Gottes ist schon da!“, „Kommt und seht!“ hat unsere Herzen erreicht.

Am Sonntagvormittag beschäftigten wir uns mit der Frage: Gehört Religiosität zum Menschsein? Wann kommt der Mensch mit „religiösen“, heißt existentiellen Fragen in Berührung? Nach sehr anregenden Gesprächen in Kleingruppen rundeten Auszüge aus Navid Kermanis Buch „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen“ die Gedanken ab. In diesem empfehlenswerten Buch erzählt ein Vater, ein Muslim, seiner Tochter von der Religion; nicht nur von seiner eigenen, sondern von dem, was alle Religionen verbindet: Im Staunen über die Unendlichkeit des Weltalls und die unendliche Vielfalt und Einmaligkeit der Geschöpfe begegnet der Mensch einem Urgrund; in Situationen unfassbaren Glücks wie der Geburt eines Kindes begegnet der Mensch der Frage nach einer umfassenden Dankbarkeit und in der Erfahrung von Abschied und Tod begegnet der Mensch der letzten Frage nach dem Sinn. Die Frage, ob Religiosität zum Menschsein gehört, haben wir nach diesem intensiven Wochenende mit einem „eigentlich schon“ beantwortet. Es bleibt für uns der Ansporn, dies auch in unsere Gemeindearbeit vor Ort hineinzutragen.


Neben allen Diskussionen und Gesprächsrunden kam natürlich auch die Geselligkeit in der urgemütlichen Klosterstube nicht zu kurz, wo wir viel über „Gott und die Welt“ geredet und viel gelacht haben. Humor gehört schließlich auch dazu …

Gabi Scherpf

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