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Seitens der Kirchen wird der Druck erhöht, dass baldmöglichst wieder Gottesdienste nicht nur per Radio, Fernsehen und Livestream mitgefeiert werden können. Bischof Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg, hat dieser Tagen einen kurzen Artikel geschrieben:

„Ich frage mich natürlich, ob das in der den aktuellen gesetzlichen Vorschriften anzupassenden Form tatsächlich den Glauben fördert oder eher zum Krampf wird. Ich kann mir bis jetzt jedenfalls kaum vorstellen, wie Gottesdienste mit Zugangsbegrenzung, Anwesenheitsliste, Abstands-wahrung, Mundschutz, Handschuhen, einem Desinfektionsritus vor der Gabenbereitung und der Austeilung der Kommunion mittels einer – noch zu erfindenden – liturgischen Zange gottgefällig und heilsdienlich sein sollen. Wie und nach welchen Kriterien soll darüber entschieden werden, wer teilnehmen darf und wer nicht? Wer soll überwachen, dass auch alle Regeln eingehalten werden? Und was ist mit den Gemeinden, die nur kleine Kirchen oder Kapellen haben? Werden auf diese Weise nicht neue Probleme geschaffen und die Frustration vergrößert? Sollte man nicht noch etwas abwarten, um erst dann wieder gemeinsam Gottesdienste zu feiern, wenn es natürlicher und menschenfreundlicher geschehen kann? Bis dahin aber dürfte jemand, dem Glaube und Kirche etwas bedeuten, auch weiterhin Möglichkeiten finden, um geistlich zu überleben. Schließlich bleiben ja zum Beispiel auch die Kirchen zum individuellen Gebet geöffnet.“

Wir haben in diesen Tagen viele Rückmeldungen aus unserer PG bekommen, wie die Menschen die Kartage gefeiert haben. Zuhause im Wohnzimmer, im Garten, in der Nacht des Karsamstag um eine Feuerschale versammelt. Dabei wurden Osterlieder gesungen, Gebete gesprochen, das Evangelium vorgetragen. Viele zünden am Abend zu Hause eine Kerze an und stellen sie ans Fenster und sprechen zum Läuten der Glocken um 21.00 Uhr ein Vater unser. Viele haben uns von Gottesdiensten erzählt die sie per Fernsehen oder Video bzw. YouTube angeschaut haben und sehr berührt waren. Ministerpräsident Söder hat offen zugegeben, dass er über die Ostertage mehr Gottesdienste per Video bzw. Fernsehen gesehen hat, als er wahrscheinlich über die Ostertage besucht hätte. Unzählige viele Menschen sind in den letzten Wochen in unserer Kirchen gekommen zum Stillen Gebet, um Kerzen anzuzünden, oder auch nur um ein Lied anzustimmen. Unsere Organisten spielen immer wieder zum Lob Gottes auf.

In diesen Tagen entdecken wir etwas neu. Es ist die Stille, das Gebet und die Hauskirche. Viele spüren eine Sehnsucht in sich nach Gott, dem wir unsere Fragen und Sorgen aber auch unseren Dank sagen können.

Wir glauben, dass in der letzten Zeit sehr viel gebetet wurde und immer noch gebetet wird. Wir entdecken neu, dass sich Familien in den Häusern um den Tisch versammeln, das Evangelium lesen, ihre Ängste und Sorgen vor Gott tragen und sich segnen. So sind wir alle miteinander verbunden. Wir erleben etwas, was das junge Christentum ausgemacht hat und wo sich auch Kirche verwirklicht.

In unseren Kirchen liegen noch die Zettel, die wir begonnen haben vor 4 Wochen zu schreiben. Solange wir noch keine Gottesdienste feiern können, möchten wir diese noch liegen lassen. Und wenn es wieder so sein wird, werden noch einmal die Lichter am Abend angezündet werden.

Es ist schwierig und den Gläubigen wurde gerade über die Ostertage viel abverlangt. Die Kinder konnten ihr Fest der Erstkommunion nicht feiern. Trauernde können sich nur im kleinen Kreis von ihren Lieben verabschieden. Taufen und Trauungen müssen verschoben werden. Wir entdecken in diesen Tagen vielleicht auch, was uns wichtig ist, wenn es uns fehlt.

Aber wie verhalten wir uns richtig in diesen Tagen und auch wenn die gottesdienstlichen Versammlungen wieder schrittweise geöffnet werden? Die Gedanken von Bischof Feige gehen uns durch den Kopf und wir können vieles mit unterschreiben. Sicherlich wird es nicht so sein, dass alles vom einen zum anderen Tag wieder weiter läuft. Kleine Schritte werden wir gehen müssen. Haben wir noch ein wenig Geduld und entdecken wir in diesen Tagen vielleicht auch andere Formen der Feier und des Gebetes im Kleinen Kreis, wo uns Gott ganz nahe ist.

Holger Oberle-Wiesli,
Pastoralreferent

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