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Verehrte Angehörige unseres Verstorbenen, liebe Frau Poblocka, liebe Mitbrüder, meine Schwestern und Brüder,

es war der ausdrückliche Wunsch unseres Verstorbenen, und er hat dies auch schriftlich so verfügt, dass bei seinem Requiem keine Nachrufe gehalten werden sollen. Nur eine Predigt, die unsere österliche Hoffnung, unseren Glauben an die Auferstehung zum Thema haben soll.

An diesen Wunsch wollen wir uns auch halten. Deshalb spreche ich heute Abend für die Bistumsleitung auch keinen Nachruf, sondern übernehme den Dienst der Verkündigung.

Ja, so war er, unser Adam, unser Dr. Zirkel: es ging ihm nie um seine Person, nie um seine Ehre. Es ging ihm um Gott, um das Evangelium, um den Glauben und seine Auslegung durch die Kirche. Es ging ihm um das Heil der Menschen auf dem Weg des Glaubens. Dem Heil der Menschen wusste er sich als Priester verpflichtet und verantwortlich. Dem wollte er dienen, ob gelegen oder ungelegen.

Liebe Schwestern und Brüder,

Im Altarraum ist heute Abend eine byzantinische Ikone aufgestellt. Pfarrer Zirkel hat sie selber ausgewählt für sein Requiem und für die Verkündigung darin. Im Mittelpunkt steht Christus in der Mandorla. Sie ist Zeichen des göttlichen Lebens und dringt vor in die Unterwelt, in das Reich des Todes. In dynamischer Bewegung packt Christus, hinabgestiegen in die Unterwelt, Adam und Eva bei den Händen. Er zieht sie heraus aus dem Reich des Todes und nimmt sie mit ins Leben, in das Leben bei Gott.

Adam und Eva stehen für die Menschheit schlechthin; für den irdischen Menschen in seiner Gebrochenheit, mit seiner Schuld, seiner Begrenztheit und Vergänglichkeit.

Christus, so sagt der Apostel Paulus, ist der neue Adam, der neue Mensch. Er trägt durch seinen Tod hindurch die göttliche Liebe bis hinunter in die Verlorenheit des Todes und befreit uns aus ihr. Das sagt unser Glaubensbekenntnis, wenn es dort heißt: hinabgestiegen in das Reich des Todes.

Alter und neuer Adam: als Getaufte stehen wir noch in der Spannung zwischen beiden. Wir spüren und erfahren unsere menschlichen Grenzen, unsere Unvollkommenheit. Wir stoßen uns und leiden oft an ihnen. Aber durch die Taufe haben wir auch schon Anteil an Christus, dem neuen Adam, dem neuen Menschen. Wir sind beschenkt mit seiner Liebe und können uns ihr öffnen: Der Liebe, die uns Leben gibt und Grenzen überwindet.

Ich denke, Adam Zirkel hat sich auch selbst erlebt und gesehen in dieser Spannung: im Bild des alten Adam und seiner Gebrochenheit; aber zugleich im festen Glauben und schon vereint mit Christus, dem neuen Adam.

Ihn wollte er mit seinem priesterlichen Dienst verkünden und den Menschen nahebringen, damit sie das Leben haben und zum Heil finden. Adam Zirkel war ein tiefgründiger, ein eher stiller und zurückgezogener Mensch; manche haben ihn vielleicht sogar als etwas kontaktscheu oder spröde erlebt. Er war ein hochbegabter Jurist und Wissenschaftler. Aber die für Leute vom Untermain typische Offenheit und Geselligkeit ging ihm eher ab. Er spürte diese Grenze wohl auch selbst und litt vielleicht manchmal daran. Schon als Kaplan, so sagte er einmal, tat er sich mit dem Religionsunterricht schwer. Und als er sich 1981 nach mehr als zehn Jahren am kirchlichen Ehegericht aus Gewissensgründen für den Dienst in der Pfarrei entschied, musste er wieder diese leidvolle Erfahrung machen. Nota bene: Damals waren für ihn die Weichen eigentlich schon auf Offizial oder gar Richter an der römischen Rota gestellt - er entschied sich aber für die Pfarrseelsorge, wohl wissend um seine Grenzen. Und so bekannte er einmal, dass es ihm vor jeder Schulstunde als Religionslehrer graute, und dass das Ganze oft in einem Fiasko endete.

Was auf der einen Seite Grenze und Belastung war, war auf der anderen Seite aber wohl auch seine Stärke als Seelsorger. Sein ernsthaftes und ruhiges Wesen machte ihn zu einem guten Begleiter und Ratgeber im Glauben und für Menschen in schweren Lebenssituationen. Solche hat Adam Zirkel in seinem priesterlichen Dienst oft erlebt, hat sich Zeit für sie genommen und war davon beseelt, ihnen zu helfen: ob es Menschen in Glaubensnöten waren, in Leid oder Trauer; oder Paare, deren Ehe zerbrochen ist, und denen er als Seelsorger und kirchlicher Richter beistehen wollte.

Hier sah er sich - mit all seinen eigenen Grenzen – im Dienst des neuen Adam, als Diener Christi, gesandt und berufen, die Menschen aus ihrer Not zu neuer Hoffnung, zu neuem Leben zu führen.

Dabei ging er aber nie den Weg des geringsten Widerstandes. Pastorale Sorge und Liebe führten bei ihm nicht dazu, den Menschen einfache Lösungen anzubieten oder sich ihnen anzubiedern. Er war davon überzeugt, dass nur die Treue zu Gott und seinen Geboten, die Treue zu Christus wirklich zum Heil führen, auch wenn dies nicht immer einfach ist. Und diese Überzeugung war ihm auch Impetus, sich immer wieder in der Öffentlichkeit zu Wort zu melden zu vielen kirchlichen Themen und Glaubensfragen. Aus seiner Feder flossen ungezählte Leserbriefe, Artikel und Schriften, besonders zu Fragen der christlichen Ehe und der Sakramente; immer angetrieben von seiner Verantwortung für das Heil der Menschen.

In seiner hohen Auffassung vom priesterlichen Dienst war Adam Zirkel geprägt von entsprechenden Vorbildern, und das schon seit seiner Kindheit. So erinnert er sich mit großer Dankbarkeit und Bewunderung an den Pfarrer seiner Kindheit und Jugend hier in Elsenfeld, Pfr. Rudolf Keith.

Adam Zirkel berichtet einmal, wie Pfr. Keith ihn als Jugendlichen in vielen persönlichen Gesprächen in die Schönheit und Tiefe des christlichen Glaubens eingeführt hat. Aufgrund seiner unerschrockenen Predigten hatte man Pfr. Keith im dritten Reich wegen Kanzelmissbrauchs angezeigt. Dass Adam Zirkel nach Jurastudium und Promotion sich schließlich doch für den Priesterberuf entschied und Theologie studierte, dazu mag Pfr. Keith einen guten Teil beigetragen haben.

Ein anderes großes Vorbild priesterlichen Dienstes wurde ihm freilich Georg Häfner, der Märtyrer von Dachau, für den Dr. Zirkel den Seligsprechungsprozess geführt hat. Das ist vielen, auch vielen Mitbrüdern, gar nicht so bekannt gewesen. Denn in der Öffentlichkeit ist meist der Postulator, der Antragsteller des Verfahrens, ein Würzburger Domkapitular, aufgetreten. Doch durchgeführt hat den Seligsprechungsprozess mit unzähligen Anhörungen von Zeugen und Beweiserhebungen unser Adam Zirkel.

Bei aller Bescheidenheit hat es ihn manchmal wohl doch gekränkt dass sein unermüdlicher und treuer Dienst von Seiten des Bistums nicht immer entsprechend gesehen und geschätzt worden ist. Mehr als manche andere hätte er eine Würdigung seines Dienstes verdient gehabt durch die Ernennung zum Monsignore oder Prälaten. Aber wie ich Adam kenne, hätte er darauf gar keinen Wert gelegt.

Er wollte Christus dienen und den Menschen zu ihrem Heil. Er war tief davon überzeugt, dass Christus, der Auferstandene, die Abgründe und Dunkelheiten unseres Lebens mit seiner Liebe erhellt; dass Er uns aus der Verlorenheit des alten Adam zu neuem Leben führen will, vom Vergänglichen zum Unvergänglichen. Dem galt sein priesterlicher Dienst. In diesem Glauben hat er selbst gelebt und in ihm ist er hinübergegangen aus dem Tod zum Leben.

An dieser Stelle möchte ich einen ganz besonderen Dank an Frau Alicja Poblocka aussprechen, die in den vergangenen Jahren liebevoll und treu für Adam Zirkel und bis vor drei Jahren auch noch für seine Schwester Maria gesorgt hat. Ihr Dienst war ein unschätzbarer Segen für beide in den Gebrechen des Alters.

Lassen Sie mich schließen mit einem Gebet des Jesuiten Theo Schmidkonz, das Adam Zirkel in seinem Nachlass hatte und in dem sich seine österliche Hoffnung ausdrückt:

„Gott des Lebens, ich glaube, dass der Tod nicht unser Ende ist, dass wir im Sterben nicht untergehen. Ich gebe zu: vor dir war und bin ich ein armer Bettler…, aber auch bewusst ein Pilger auf Erden. So vertraue ich auf dein Wort, dass du mich am Ziel erwartest, dass du mich in deine Arme nimmst und mir meine Schuld verzeihst.

Ich glaube an deine großzügige Liebe und deine Zusage ewiger Freude. Ich hoffe, dass dein unendlicher Himmel uns alle vereint in Ewigkeit...!“

Liebe Schwestern und Brüder,

Mit vielen Menschen aus seinen Gemeinden in Ochsenfurt und hier im Dekanat Obernburg, mit vielen, die ihn als Priester, Seelsorger und profunden Kirchenrechtler erlebt und geschätzt haben, weiß sich die Diözese Würzburg unserem lieben Verstorbenen, Pfarrer Dr. Adam Zirkel, in großer Dankbarkeit verbunden.

Gesät wird in Schwachheit, auferweckt in Herrlichkeit.
Dank sei Gott, der uns den Sieg verleiht in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen

Domkapitular
Dr. Stefan Rambacher, Offizial

Elsenfeld, den 31. Januar 2021

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