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Pilgerreise in die Oase?!

Ein etwas anderer Urlaub sollte es sein, den wir, eine 15-köpfige bunt gemischte Gruppe mit unserem Pastoralreferenten Holger Oberle-Wiesli da antraten:

Vom 02. bis 08.10.2022 reisten wir mit drei Pkw und einem Wohnmobil in Holgers frühere Wirkungsstätte Ried im oberen Inntal in Österreich, wo wir in einem nagelneuen unter denkmalschützerischen Gesichtspunkten sanierten ehemaligen Kapuzinerkloster, genannt „Pilgeroase“, einquartiert waren. Spartanisch eingerichtete Mönchszellen mit Stockbetten erwarteten uns in diesem Selbstversorgerhaus, dass mit liebevoll eingerichteten Details den Atem seiner früheren Bewohner spüren ließ. Holgers offensichtlich „guter Draht nach oben“ bescherte uns nach unserem Ankunftstag und danach bis zur Abreise traumhaftes österreichisches Kaiserwetter, sodass mehrere Wanderungen mit ihren spirituellen Einlagen inmitten der herbstlichen Bergwelt zu unvergesslichen Erlebnissen wurden. Holger verstand es dabei meisterhaft, Worte seines verehrten Bischofs Stecher , der seine Spiritualität aus der Natur schöpfte, an passenden Orten an die Frau und an den Mann zu bringen. Doch der Reihe nach:

Am Dienstag führte uns der Wanderexerzitienweg ins Kaunertal, zunächst lange bergauf, an verschiedenen Höfen und Kapellen in schönster Herbstsonne vorbei zum berühmten Tiroler Wallfahrtsort Kaltenbrunn. Nach innerer Einkehr suchten wir auch die äußere im schönen angrenzenden Wirtshausbiergarten. Auch der Rückweg zu den Fahrzeugen über den alten Wallfahrtsweg gestaltete sich eindrucksvoll, wurden wir doch von einem „Einsiedler“ namens Klaus begleitet, der unsere Taxidienste dankend in Anspruch nahm.

Tag zwei der Wanderexerzitien sollte nach gemeinsamem Frühstück manchen von uns an seine Grenzen führen. Der Weg führte uns ins Pfunderer Tscheytal. Wie im richtigen Leben galt es, voranzukommen, langen Atem zu behalten, Steigungsstrecken zu überwinden, ohne die Schwächeren zurückzulassen, gelebter Glaube eben. Gipfelglück und Gipfelkreuz am Berg Frudiger mit Impuls und langer Rast waren der Ausgleich. Trotz mancher Blase an den Füßen und müder Muskeln beendeten wir den Tag mit Sonne im Herzen.

Der dritte Tag zeigte uns eine völlig andere Welt: Das Engadin in der Schweiz! Durch die enge  Innschlucht gelangten wir ins sonnige Lavin, alles war blitzsauber und erstrahlte in herbstlichen Farben. Wir besuchten eine Calvinistenkirche mit uralten Heiligenfresken.  Der Weg führte uns in das  museal anmutende Bergdorf Guarda mit stattlichen wunderschön bemalten Häusern, die vom früheren Reichtum an der einstigen Handelsroute kündeten. Reichtum – er ist vergänglich. Bleibend sind andere Werte. Wir folgtem dem Engadiner Höhenweg, ein Teil des Schweizer Jakobsweges bis nach Ardez. Den Abschluss bildete der alte Kurort Scoul mit seinen verschiedenen Heilquellen, aus denen wir schöpfen konnten.

Tag vier hatte wiederum einen anderen Charakter: Mit Bergführerin Regina, einer charismatischen Frau, erlebten wir den Klimawandel hautnah. Durch karge, aber beeindruckende Hochgebirgslandschaft erreichten wir nach längerem Aufstieg den Ausläufer des Gepatschgletschers, die Gletscherzunge, die sich seit 2006 um mindestens 300 m zurückgezogen hat – der Gletscher hat dem Temperaturanstieg nichts mehr entgegenzusetzen und stirbt. In 100 Jahren wird er nicht mehr sein, so die Prognose. Der Wasserspeicher und -Lieferant, er wird fehlen! Ein Sterben in unbeschreiblich schöner Natur, wie grotesk! Mit leichten Verletzungen durch verschiedene Stürze auf nicht ganz einfachen Wegen erreichten wir den Bus, der uns durchs Kaunertal heim brachte.

Tag fünf erschloss uns das liebliche Langtauferer in Südtirol. Nach dem Morgengebet in der Pfarrkirche, begleiteten uns Sepp und seiner Frau Andrea, Freunden von Holger aus seiner Tiroler Zeit und bald auch von uns. Sepp ist bei der Bergrettung aktiv und wirkt in der „Pilgeroase“ als Hausmeister mit. Am Sonnenhang ging es am Wildbach entlang zum Ruheplatz am Wasser. Zuvor hatte Holger in einem Feld aus Steinmännchen den Tagesimpuls gesetzt. Wieder in Tirol besuchten wir in tiefer Schlucht am Inn den historischen Inn- und Alpenübergang Altfinstermünz, an der Römerstraße VIA CLAUDIA AUGUSTA gelegen.

Umrahmt wurden unsere Einkehrtage stets vom gemeinsam zubereiteten Frühstück und dem Abendessen in heimischer Gastronomie, denn auch gutes Essen und Trinken hält Leib Seele zusammen. Gute Gespräche über leichte und schwere, lustige und traurige Themen und manche Lieder rundeten die Tage bis tief in die Nacht ab.

Es war eine tief beeindruckende Woche, die wir erleben durften und an der wir noch lange zehren werden. Unser aller Dank gilt Holger für die Organisation, aber auch den Menschen, die einen Begegnungsort wie die „Pilgeroase“ ermöglichen.

Joachim Oberle

 

Zur Homepage der Pilgeroase im ehemaligen Kapuzinerkloster Ried

 

 

Gedicht „Pilgeroase“

(kann auf die Melodie „Freude schöner Götterfunken“ gesungen werden)

Freudig sind wir aufgebrochen
aus dem Markte Elsenfeld,
zu erleben eine Wochen
in Tiroler Alpenwelt.

Gott und seine Pracht erleben,
das war unser Reiseziel.
Vieles wurde uns gegeben,
was dem Aug` und Herz gefiel.

Blauen Himmel- Kaiserwetter-
hatten wir an jedem Tag.
Lob und Preis, dem Herrn und Retter,
der uns liebte, ohne Frag`.

Herbsteslaub und Schnee auf Gipfeln,
welch ein Zauber der Natur!
Gold und rot auf Baumeswipfeln,
ein Genuss für Sinne pur!

-2-

Steil bergauf führten die Pfade
an Kapellen oft vorbei.
Kannten manchmal keine Gnade,
machten Kopf und Seele frei.

Dann am Gipfel angekommen
blinkt das Kreuz im Sonnenschein.
Diese Aussicht, unbenommen,
lädt zu Rast und Einkehr ein.

Doch auch drunt` im tiefen Tale,
wo das Wasser rauscht so wild,
spürst du dann mit einem Male,
dass man hier den Schöpfer fühlt.

Er, der Berg und Tal geschaffen,
Pflanzen, Menschen und die Tier`.
Dessen Geist schlägt alle Waffen.
Seinen Atem spürst du hier!

Gletschereis und karge Felsen,
Birkenbäumchen und viel Moos.
Sonnenstrahlen lassen schmelzen
Gletscher, die einst riesengroß.

Mensch, du musst den Raubbau zähmen,
an der Mutter, der Natur.
Willst du nicht dein Leben lähmen
bleibt Bescheidenheit dir nur.

-3-

Denn auch deine Kindeskinder
woll`n der Schöpfung Wunder sehn.
Blumenfrühjahr, Schnee im Winter –
Gottes Welt soll weitergehen.

Nur wenn wir die Schöpfung lieben
schätzen wir auch ihren Wert.
Deshalb haben wir betrieben
Exerzitien, was sie ehrt.

Lasst uns daher freudig danken
für die Woche in Tirol!
Sie ließ für den Alltag tanken,
alle fühlten wir uns wohl.

Pilgernd haben wir erfahren:
Gottes Geist ist in der Welt –
dort in der „Pilgeroase“
und auch hier in Elsenfeld!

Joachim Oberle

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